Überforderung, Überdruss, Überreizung – wenn wir im Hamsterrad strampeln, sind wir mit unserem Leben unzufrieden. Aber wie haben wir uns überhaupt in diese Tretmühle manövriert?
Ganz sicher ist eines: das Hamsterrad treiben wir selber an, auch wenn wir das nicht wahrhaben wollen. Es ist verlockend, die Schuld auf die anderen zu schieben: die Firma, die Kollegen, den Partner, die Familie, die Umstände, die Konjunktur… Fakt ist: hinter uns steht kein Sklaventreiber mit der Peitsche und wir sind keine Leibeigenen. Wir leben in einer Zeit und in einem Kulturkreis, wo uns viele Entscheidungsmöglichkeiten offen stehen. Wir treiben unser Hamsterrad an, weil wir uns bewusst oder unbewusst irgendeinmal dafür entschieden haben, und weil die Antreiber längst zur Gewohnheit geworden sind.
Was treibt Dein Hamsterrad an?
Antreiber Nr.1: Ängste
Der Klassiker: Angst ist ein Hauptantreiber für Dein Abstrampeln im Hamsterrad.
Die Angst, zu versagen, die Angst etwas zu verpassen, die Angst nicht wahrgenommen zu werden, die Angst nicht zu Deinem Recht zu kommen, die Angst falsche Entscheidungen zu treffen, die Angst vor Liebesentzug, die Angst aufzufallen, die Angst vor dem Abstieg, die Angst vor dem finanziellen Kollaps…. Wovor hast Du Angst?
Angst engt ein, verstellt den Blick auf Lösungsansätze, macht uns zu manipulier- und steuerbaren Herdentieren.
Antreiber Nr. 2: Herdentrieb
Unsere Lebenswege sind weitgehend vom System vorgezeichnet und erlauben ein einfaches und unreflektiertes Abhaken von Lebensabschnitten: Schule, Ausbildung, Arbeit, Rente, Tod. Vorgegeben ist auch, wie Erfolg in den verschiedenen Abschnitten auszusehen hat. Von der Wiege bis zur Bahre machen wir mit beim Höher-Schneller-Weiter-Rennen und hecheln der Meute hinterher. Eigenes Denken nicht nötig, Gesellschaft, Werbung und Wirtschaft steuern uns perfekt.
Der Herdentrieb sediert Eigenständigkeit und Kreativität, artet mitunter sogar im Gruppenzwang aus. Wünschst Du Dir mehr Spontanität und Individualität?
Antreiber Nr. 3: Steigerungs- und Optimierungszwang
Mehr Geld, mehr Macht, mehr Status, Karriere machen, Körper stählen, Hobbies und Freizeit durchtakten und optimieren. Um von der Leistungsgesellschaft zu profitieren, musst Du Leistung erbringen. Leider ist die Leistung nie gut genug – hast Du eine Stufe erreicht, winkt direkt die nächste. Wie auch bei der Wirtschaftsleistung kann das Wachstum oder der nächste Karrieresprung nie gross genug sein.
Der Optimierungszwang mag das eigene Ansehen vorantreiben, aber Du zahlst einen hohen Preis für das Mitmachen im Höher-Schneller-Weiter. Kannst Du Deiner Familie und Deinen Freunden die Aufmerksamkeit und Zeit widmen, die Du ihnen zugestehen möchtest? Wann hast du dir das letzte Mal Zeit für Dich selber genommen – Zeit, die nicht mit Aktivität und Aktionismus ausgefüllt wurde?
Antreiber Nr. 4: Perfektionismus
Der Antreiber „sei perfekt“ ist besonders perfide und betrifft in ganz besonderem Masse Frauen. Doppel- und Dreifachbelastung in Job, Familie und Haushalt, Freizeit- und Reisestress und nicht zuletzt die eigene Anspruchshaltung an Attraktivität und Intellekt zehren an den Nerven. Perfektionismus hindert Dich auch daran, sichtbar zu werden, mit Deiner Arbeit oder Deinen Talenten an die Öffentlichkeit zu gehen – es ginge ja immer noch etwas besser.
Perfektionismus hemmt. Es geht auf Kosten Deiner Substanz, allen Anforderungen gerecht zu werden zu wollen. Zurück bleibt das Gefühl, nicht zu genügen, niemals gut genug zu sein.
Antreiber Nr. 5: Den Lebensstandard halten
Ein Antreiber der besonderen Art: Du sitzt im goldenen Käfig. Du hast einen gehobenen Lebensstandard erarbeitet, den es zu bewahren gilt. Mit dem Erklimmen der Karriereleiter ist auch der Status gestiegen. Mit dem höheren Gehalt kommen höhere Ausgaben, die Insignien des Wohlstands gilt es zu bewahren. Auf welchen Luxus möchtest Du nicht verzichten und warum?
Ein Leben im Goldenen Käfig ist teuer erkauft. Du hast einen prächtigen Lebensstandard, aber geht es Dir auch prächtig? Oder kennst Du das Gefühl der Leere und der Unverbundenheit?
Antreiber Nr. 6: Adrenalin
Immer auf der Suche nach dem nächsten Kick? Stets bereit für das, was Internet und Spass- und Freizeitindustrie als neuesten Trend für Dich bereithalten? Ein Grossprojekt beendet, das nächste schon angefangen? Stress ist für Dich etwas Positives, das Dich herausfordert, Spass macht, Dich befeuert?
Ein Leben auf der Überholspur, mit dem Fuss auf dem Gaspedal, führt ohne Pause und Auszeit letztendlich zum Crash. Körper und Seele fordern ihr Recht. Im schlimmsten Fall landest Du im Krankenhaus oder im Burnout, im Nichts. Wann trittst Du auf die Bremse?
Antreiber Nr. 7: Der Wunsch nach Anerkennung
Die Sehnsucht nach Anerkennung und Liebe ist ein sehr starker Motor:
Wieviel Zeit des Strampelns im Hamsterrad wendest Du nicht für Dich, sondern für andere auf? Nicht nur für Deine Familie und enge Freunde, sondern sogar für flüchtige Bekannte, Vorgesetzte, Firma, die Kollegen im Sportclub oder wildfremde Menschen?
Wenn Du Dich abstrampelst, um es allen anderen recht zu machen, gibst Du Dich selber auf. Wann hast Du das letzte Mal ohne Anstrengung „Nein“ gesagt?
Antreiber Nr. 8: Sicher ist sicher
Oh, Du strampelst nicht für Karriere oder Konsum, sondern für die Absicherung? Für Deine Rente, für die Versicherungen, für den Ernstfall, für den Fall der Fälle, für ….? Lieber der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach – gehst auch Du alle Eventualitäten des Lebens durch und versiehst sie mit einem Bollwerk aus Versicherungsprämien, Einwänden und Bedenken? Finanziell, materiell und psychologisch?
Es gib keine Entschädigungsleistung für den Fall, dass Du vor lauter Sicherheitsbedenken das Leben verpasst. Absicherung beruhigt. Glücklich macht sie nicht.
Hast Du Deine Antreiber erkannt?
Jedes Hamsterrad wird von einer Kombination von verschiedenen Antreibern bewegt. Erst die bewusste Wahrnehmung Deiner Antreiber ermöglicht es Dir, sie zu analysieren und zu bewerten. Ist Dir ein Antreiber lebens-wichtig und Du kannst und willst nicht darauf verzichten? Gut so, dann fokussiere auf den anderen Antreibern. Kannst Du sie ersetzen, weglassen oder anpassen? Dann arbeite daran.